Ich will nicht, dass du größer wirst! – Ein Brief an meinen Sohn

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Mein lieber kleiner Sohn,

zum ersten Mal in deinem kleinen Leben haben wir zwei, du und ich, einmal ganz ungestört Zeit füreinander. Nur wir zwei, ein ganzes Wochenende lang und sogar noch ein paar Tage mehr, weil deine Schwester und dein Papa zu Oma und Opa gefahren sind. Und weißt du was? Ich genieße das unglaublich.

Ich genieße es, mit dir in aller Ruhe zu kuscheln und nicht daran zu denken, dass deine Schwester auch kuscheln möchte und ich für euch beide Platz finden muss in meinen Armen. Ich genieße es, mit dir in aller Ruhe Türme zu bauen, mit deiner Feuerwehr zu spielen („tut tut“) und mit dir Quatsch zu machen, ohne den Gedanken im Nacken, dass wir gleich irgendwo hin müssen. Ich genieße es, mir richtig viel Zeit zu nehmen um dich ganz gemütlich ins Bett zu bringen, ohne den Druck, dass das schnell gehen muss, da deine Schwester auch müde ist. Wenn du nachts wach wirst bin ich so entspannt, weil ich keine Angst habe, dass du deine Schwester wecken könntest, und weil ich so entspannt bin, schläfst du ganz schnell wieder ein. Und ich genieße es so sehr, meine Zeit, Energie, Aufmerksamkeit, meine Augen und Ohren nicht teilen zu müssen, sondern nur dich zu erleben, zu spüren, zu sehen.

Und: Ich will nicht, dass du größer wirst. Ich weiß, das ist furchtbar egoistisch und zum Glück überhaupt nicht möglich, aber das wurde mir in den letzten Stunden ganz extrem bewusst. Denn mit deinen 15 Monaten bist du EINFACH NUR SÜSS. Alles was du tust ist geprägt von deiner Neugierde, deiner Freude, deinem Entdeckungsdrang, deiner Begeisterung und ist frei von Hintergedanken, Berechnung oder Motivationen. Du bist durch und durch unschuldig. Ich könnte dich den ganzen Tag abknutschen oder am liebsten gleich auffressen.

Wenn ich mich für dich nur ein klitzekleines bisschen zum Affen mache, kicherst du aus voller Kehle, weshalb ich mich für dich sehr gerne zum Affen mache. So sehr, dass es mir schon fast peinlich ist, auch wenn keiner zuguckt. Wenn du deine Mütze aufhast, ziehst du sie dir vor die Augen und sagst „guckuck“ und „daaaa“ wenn du sie wieder hochschiebst und klatschst vor Freude in die Hände. Deine hübschen Augen strahlen dabei über das ganze Gesicht und mein Herz springt fast aus meiner Brust vor Liebe. Wenn ich dich hochnehme, schlingst du deine kleinen Ärmchen ganz fest um meinen Hals, ich schnuppere an deinen Ohren und küsse deine weichen Wangen und will dich gar nicht mehr loslassen. Ich will dich aufsaugen und einsaugen und festhalten und abbusseln und immer beschützen.

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Und auch wenn du mir schon hin und wieder einen Vorgeschmack auf deine Trotzphase gibst – du bist sogar süß, wenn du deinen kleinen Körper vor Wut auf den Boden schmeißt. Weil du noch nicht verstehen kannst, warum du etwas nicht bekommst und ich jetzt noch die Energie habe, darüber zu schmunzeln.

Doch spätestens in einem Jahr bist du nicht mehr nur süß. Dann hast du deine Baby-Unschuld verloren und wirst deine Kraft und deinen Körper einsetzen um zu bekommen, was du möchtest. Du wirst deine Trotzphase ausleben, dich im Supermarkt auf dem  Boden wälzen und meine Worte werden dich nur selten besänftigen können. Ich werde ganz oft ratlos sein, da ich nicht weiß wohin mit all deiner Energie. Und du wirst mich wütend machen und sauer und ich werde hin und wieder glauben, eine schlechte Mutter zu sein, weil ich überfordert bin.

Und auch wenn mir eine weise fünffach-Mutter die schlauen Worte mit auf den Weg gab: „Großwerden ist ein ständiger Tausch. Man gibt etwas schönes her und bekommt dafür etwas anderes schönes. Und man gibt etwas doofes her und bekommt dafür etwas anderes doofes“ und du natürlich selbstständiger, noch toller mit deiner Schwester spielen und Nachmittage bei deinen Freunden verbringen wirst, wir in den nächsten Jahren ganz viel Freiraum und vor allem auch jede Menge Schlaf zurückgewinnen werden – ich finde es furchtbar schlimm, dass du irgendwann nicht mehr so klein und süß und unschuldig sein wirst. Und ich weiß, that’s life. Trotzdem.

Deswegen genieße ich die Zeit bis Dienstag mit dir alleine bis aufs Äußere. Und versuche, diese Momente, dich, deine Begeisterung, dein fröhliches, unschuldiges Wesen irgendwie in mir zu konservieren und mich satt sehen und knutschen an deinem ganzen SÜSS. Schade, dass noch niemand eine Gefühls-Memory-Box erfunden hat, die man immer rausholen kann, wenn man sie braucht. Die könnte ich wirklich gut brauchen.

Ich liebe dich, mein kleiner Schatz. Unendlich.

Deine Mama

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Genieße deine Kinder!

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Genieße deine Kinder – sie werden so schnell groß! Diesen Spruch bekomme ich immer wieder zu hören, von Leuten, deren Kinder schon groß sind. Insbesondere von meiner Mutter, deren Kinder viel zu schnell groß geworden sind. Und oh ja, ich genieße meine Kinder wirklich in vollen Zügen. Wenn Mini-Me alle fünf Minuten zu mir gehüpft kommt und mir einen Kuss auf die Backe drückt, weil sie mich so lieb hat, dann wird mein gesamter Körper von Liebe durchströmt und das genieße ich sehr. Oder wenn ich mit ihr lache, weil sie lustige Fragen stellt, zum Beispiel, was denn in dem Karton drin sei, der rappelt wenn ich bis drei zählen muss, dann freue ich mich über die gekonnt entschärfte Situation und genieße das sehr. Ich bin auch unheimlich stolz und genieße es, wenn sie mir unbedingt von ihren drei Gummibärchen eines abgeben will, weil ich auch eines haben soll und könnte dieses großzügige Kind abknutschen, denn es ist ihr egal, dass sie jetzt nur noch zwei Gummibärchen hat.

Wenn Mini-Man auf mich zugewackelt kommt und mir stolz zeigt, dass ein Schwein grunzt, ein Hund wau wau und ein Auto tut tut macht, dann erfüllt sich mein Herz so sehr mit inniger Liebe, dass ich gar nicht anders kann als genießen. Und wenn er jedes Mal erfreut in die Hände klatscht und sich selbst applaudiert, wenn er einen Stapelbecher auf den anderen stellt ohne dass der Turm umfällt, dann klatsche ich auch ganz fest in meine Hände und genieße es sehr. Und ich genieße es unendlich, wenn ich mit beiden Kindern kuschelnd auf der Couch liege und sich ihre süßen, beschützenswerten, kleinen Körper an mich schmiegen. Dann ist alles gut und genießen ist eigentlich gar kein Ausdruck.

Wenn Mini-Man beschließt, selbst essen zu wollen, da er mit 15 Monaten schon groß ist, dann ganz klar, genieße ich das und unterstütze ihn, weil ich eine gute Mutter sein will und gute Mütter ihre Kinder in ihrer Selbstständigkeit unterstützen. Hilf mir, es selbst zu tun, mach ich, genießend. Wenn er nach 30 Sekunden seinen Löffel samt daran klebenden Früchtebrei hinter sich schmeißt und mit den Händen weiter isst, dann weiß ich, dass ich mich darüber freuen muss, denn er hat das selbst entschieden und is(s)t demnach ziemlich selbstständig. Und auch wenn der Brei auf dem ganzen Tisch, seinem Stuhl, seinen Haaren, seinen Pulliärmel, dem Boden und überall, und ich meine wirklich überall landet, nur nicht in seinen Mund und er dorthin lieber den Inhalt meines Glases befördert und sich an dem so sehr verschluckt, dass er sich und sein gesamtes Umfeld klatschnass macht, Früchtebreistückchen inklusive, dann genieße ich seine tolle Entwicklung und freue mich, dass er nicht erstickt ist. Und dass ich ihn vor dem Essen gerade gebadet habe (try and error), ach, was solls. Ich genieße das schließlich.

Und wenn Mini-Me morgens um 6:15 neben meinem Bett steht, obwohl sie nach Skikurs und Kindergeburtstag und damit verbundenen späten Ins-Bett-Gehen am Vortag eigentlich noch im komatösen Schlaf liegen müsste, dann na gut, genieße ich das. Denn sie hüpft zu mir ins Bett und kuschelt sich an mich und da kann ich gar nicht anders als das genießen, obwohl ich wirklich sehr sehr müde bin. Wenn ich kurz darauf ihre Knie und Ellbogen in meinen Weichteilen spüre, da mit ihr zusammen auch ihr Kompagnon, die Zappelphilippa, wachgeworden ist, dann genieße ich das natürlich auch, ist ja mein Kind und mein Kind soll ich genießen, sagen die Leute. Und wenn ich mich zwei Minuten später aus dem schönen, warmen und nach mir rufenden Bett quälen und mit ihr aufs Klo gehen muss, weil sie sich plötzlich alleine nicht mehr traut, dann naja, bemühe ich mich sehr, das voll und ganz zu genießen. Auch wenn sich Mini-Me um 6:20 Uhr auf den Boden schmeißt, da ich es gewagt habe, ihr das Handtuch zum Händeabtrocknen zu reichen, obwohl sie es sich selber nehmen wollte, atme ich nur kurz ein bisschen tiefer, aber insgeheim genieße ich diesen Trotzmoment mit jeder Faser meines Körpers und frage mich, warum mir Leute immer wieder sagen, ich soll meine Kinder genießen, obwohl das doch das natürlichste und einfachste und selbstverständlichste überhaupt ist und ich keinen blassen Schimmer habe, warum diese Leute annehmen, dass ist das nicht jede verdammte Sekunde lang tue.

Die haben wirklich keine Ahnung, diese Leute.