Tag 125: Neue Perspektiven

Gestern stand ich Kopf. Und zwar nicht nur sprichwörtlich, sondern so richtig. Wir haben im Yoga nämlich Handstand geübt und obwohl ich meine halbe Kindheit mit Radschlagen, Purzelbäumen und eben Handständen verbracht habe, war das ein vollkommen ungewohntes Gefühl. Und ein verdammt anstrengendes. Als ich so kopfüber an der Wand stand und ich mich selbst auf Händen trug, habe ich mal wieder über mein Leben nachgedacht und darüber, was wirklich wichtig ist. Vielleicht ist das normal, wenn plötzlich das gesamtes Gewicht auf einem lastet und man damit beschäfigt ist, sich selbst auszubalancieren. Ich war so dankbar für alles was ich habe, für meine tolle Familie, meine super Freunde, dass wir gesund sind, eine schöne Wohnung haben und überhaupt dafür, dass es uns so verdammt gut geht. Die Shoppingdiät kam mir plötzlich so albern vor, denn sie widmet einem Thema so viel Aufmerksamkeit, das eigentlich so egal ist. Natürlich ist es schön, tolle Kleidung zu haben und gut auszusehen. Natürlich gibt es unendlich wunderhübsche Dinge, die man gerne hätte und die das Leben ganz bestimmt ein bisschen schöner machen. Aber wie wichtig darf das alles sein?

Als ich etwas später total geschafft vom vielen Balancieren und die Welt aus neuen Blickwinkeln sehen in der Endentspannung auf der Matte lag, habe ich mir gewünscht, nicht so materialistisch zu sein. Zufriedener zu sein, mit den Dingen, die ich habe und nicht ständig neue zu wollen, die ich noch nicht habe. Oder traurig zu sein, wenn ich sie nicht haben kann. Denn nach oben gibt es ja keine Grenzen. Hat man die Wohnung mit Garten, möchte man das Haus am Meer. Hat man das, will man die Hermés Yacht. Und da es nur sehr wenige Menschen gibt, die die und noch viel mehr haben können, ist das für alle anderen eine Endlos-Spirale, ein Hamsterrad des Konsums. Aus dem ich raus will. Zumindest ein kleines bisschen mehr. Irgendwie.

Om lokah samastah sukhino bhavantu.

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