Morgens herrscht bei uns eine gewisse, naja nennen wir sie mal „Routine“, die geprägt von Zeitknappheit (denn am Morgen ist es im Bett ja am schönsten und noch mal 10 Minuten liegen bleiben geht noch. Und nochmal 10 Minuten) eigentlich keinerlei Spielraum für Ausderreihetanzen oder Experimente zulässt. Wir hetzen durch die Wohnung und versuchen bis zu dem Punkt an dem plötzlich alle hektisch schreien „Jetzt müssen wir aber wirklich los“ „Ihr müsst jetzt aber wirklich los“ „Auf, Schuhe und Jacke anziehen“ „Nein, nicht mehr Spielen, zieh deine Schuhe und deine Jacke an!“ „Zieh jetzt deine Schuhe und deine Jacke an!“ „Los jetzt!“ irgendwie halbwegs vernünftig auszusehen, den Kindern alles nötige mit zu gegeben („Meine Nuni!! Ich habe meine Nuni Puppe vergessen!“) und nicht allzu spät in allen Institutionen aufzuschlagen.
Dummerweise ist Kindern dieser Ablauf vollkommen egal. „Kannst du mit mir Spielen“ flehte die kleine Madame mich heute morgen also (mal wieder) an. Und ich, mit schlechtem Gewissen behaftet, weil Spielen gerade ein bisschen auf der Strecke bleibt und wir ausnahmsweise noch ganz gut in der Zeit waren, ließ meine Haare Haare sein und setzte mich nach dem Duschen also in ihr Zimmer. „Was kurzes“ dachte ich und zog das pädagogisch wertvolle Kartenspiel raus, das mein Bruder ihr mal geschenkt hatte. Mit dem tollen Ding kann man allerlei verschiedene lange und kurze Spiele spielen, bei denen die Kinder ganz viel lernen (sollen). Ich wählte heute die Variante: Ich zeig dir eine Karte und du erzählst mir etwas dazu – frei abgewandelt nach der tollen Geschichtenwerkstatt aus ihrer alten Krippe. Dort hat das prima geklappt, die Kinder haben sich zusammen wahnsinnig komische Geschichten einfallen lassen, aber heute lief das eher so: „Was siehst du auf der Karte?“ „Einen Löwen.“ „Genau! Und was macht ein Löwe?“ Ein fragendes Gesicht schaut mich an, dann verzieht sich der dazugehörige Mund und heraus kommt ein Brüllen. Klar, Löwen brüllen und Löwe spielen findet meine Tochter daher auch ziemlich toll. Ich versuche es weiter pädagogisch und erkläre: „Löwen wohnen in Afrika.“ „Ja.“ Pause. „Und im Zoo.“ Bums. Gescheitert am frühen Morgen.
Puh, der Zoo. Nicht gerade meine Lieblingseinrichtung und eigentlich denke ich, dass jeder der einmal Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum gesehen hat, nicht guten Gewissens in so was gehen kann. Genau das versuche ich Mini-Me zu erklären. „Haben die da gar keinen Platz?“ fragt sie mich. „Nee. Eigentlich ist es ganz schön gemein, Tiere im Zoo zu haben, damit du und ich sie anschauen können,“ versuche ich es weiter. Aber wo Afrika ist und dass Löwen eigentlich dort leben, das ist mit 3,5 Jahren eben auch nur sehr schwer zu verstehen. Also schlage ich eine andere Taktik ein: „Der Löwe ist der König der Tiere,“ sage ich fröhlichst. „Ja genau! Neulich beim Sandmann war auch ein Löwe, der war auch König! Der saß in einem Rollstuhl und hat getanzt.“ Und das ist dann der Punkt an dem ich mir das ScheiternaufvollerLinie eingestehen muss, die Karten wegpacke und sage „So, jetzt aber Anziehen, wir müssen gleich los!“.