So oder so ähnlich enden bei uns momentan viele Unterhaltungen mit Mini-Me. Denn die knapp vierjährige Maus hat in den letzten zwei Monaten ganz schön viel Tod mitbe-kommen. Gleich drei, um genau zu sein. Drei mal Tod in zwei Monaten ist schon für uns Erwachsene zu viel. Aber für eine knapp Vierjährige gar nicht begreifbar. Denn wie soll so ein kleiner Mensch verstehen, dass Oma und Opa nicht mehr wieder kommen und Papa und Mama deswegen ganz schön traurig sind. Dass es für uns Erwachsene befremdlich ist, wenn ihre Karottenstücke (Karottenstücke!) oder ihre unsichtbaren Freunde Elias und Moritz im Spiel sterben. Dass sie bei jedem Geburtstag fragt (und dabei hilflos lacht), ob man jetzt stirbt, weil die Uroma mit 92 gestorben ist und für eine fast Vierjährige der Unterschied zwischen 92 und 45 nicht allzu groß ist. Oder dass wir seufzen, wenn sie sagt „Dann feiern wir wieder Beerdigung!“, weil „feiern“ normalerweise etwas sehr fröhliches ist und dabei eigentlich keiner weint. Und wir Tränen in den Augen haben, wenn sie uns eine Geschichte von Engeln im Himmel erzählt und dabei feststellt, dass der Friedhof aber hier unten und gar nicht im Himmel ist, obwohl wir doch sagten, dass Oma jetzt im Himmel sei.
Wie erklärt man seinem Kind den Tod? Vor allem wenn es erst vier ist und die Bedeutung von „endgültig“ in seinem kleinen Leben normalerweise nicht über „morgen gibt es keine Süßigkeiten“ hinaus geht? Wie macht man ihr klar, dass der Tod uns Erwachsene traurig macht, weil Oma und Opa im Gegensatz zu Moritz und Elias nicht nur im Spiel gestorben sind, sondern wirklich nicht mehr wieder kommen? Dass der Tod das Leben verändert und dass sie uns sehr fehlen? Aber dass wir alle irgendwann sterben und das ganz normal ist und zum Leben dazu gehört? Und das ganze bitte ohne ihr Angst zu machen?
So viele Fragen und so wenige Antworten, die sich auch nur annähernd gut anfühlen. Genau wie „Und dann bist du schon gestorben“ oder „Stirbt man dann?“, was mal fröhlich, mal provozierend, mal ängstlich sein kann und auf das uns eigentlich nie eine passende Reaktion einfällt. Und gibt es ihn eigentlich wirklich, den Himmel?
Dein Text kommt mitten aus dem Herzen, Katl. Du hast deine Gedanken wunderbar zum Ausdruck gebracht. Das Schreiben, könnte ich mir gut vorstellen, ist sicher ein Puzzleteil deiner Trauerarbeit.
Und ich bin ganz sicher, dass du, dein Mann und eure Kinder auf genau dem richtigen Weg seid. Ihr trauert, ihr lasst Tränen zu und ihr sprecht darüber.
Ich bin ganz sicher, dass der Tod unserem Leben erst Wert gibt. Es lebenswert macht. So wie es die Geburt unserer Kinder auch tut. Der Tod und die Geburt sind die Grenzsteine unseres Lebens. Liegen ganz nah beieinander.
Wir als Eltern spüren und leben zum einen unsere eigene Trauer, zum anderen möchten wir unsere Kinder entsprechend begleiten. Das ist nicht einfach.
Und doch ist der Tod das Einzige, was in unserem Leben gewiss ist. Ganz fester Bestandteil von uns ist. Ich bin sicher, dass wir in uns die gegebene Kraft haben, damit umgehen zu können. Auch unsere Kinder. Manchmal glaube ich, dass eher unsere Kinder uns Erwachsene in der Trauer begleiten als anders herum. Kinder lassen zu. Kinder akzeptieren. Kinder zaubern Bilder über den Tod in ihrem Kopf, die bezaubernd sein können. Wir Erwachsenen zweifeln oft. Was kommt nach dem Tod? Nichts? Einfach weg?
Vielleicht. Aber welches Gefühl ist tröstlicher? Und warum sollen wir das Gefühl dann nicht zulassen, nur weil unsere Ratio uns versucht davon abzuhalten.
Wir Menschen sind spirituelle Wesen. Und da darf ein gesunder Glaube und Umgang an ein großes Ganzes seinen Platz finden.
Vertrau deiner Großen. Sie darf nun eine Erfahrung machen, die sie reifen lässt. Jeder von uns muss mit dem Tod und dem Sterben leben lernen. Auch unsere Kinder. Das Wissen darum, die Lektionen daraus, machen uns zu besseren Menschen. Geben wir unseren Kindern nur das Gefühl, dass das nichts ist, vor dem man Angst haben muss. Weil jeder stark genug sein wird, damit umzugehen.
Ich wünsche euch viel Kraft, Mut und viele Momente voller Zuversicht.
Nina
Du magst doch Zitate, richtig?
„Ein Schiff unter Segeln gleitet mit der Morgenbrise aufs offene Meer hinaus. Ich schaue ihm nach, bis es hinter dem Horizont verschwindet, und jemand neben mir sagt: ‚Jetzt ist es nicht mehr da.‘ Nicht mehr da? Nicht mehr auf meiner Seite. In dem Moment, da neben mir einer sagt: ‚Jetzt ist es nicht mehr da‘ gibt es andere, die das Schiff schon kommen sehen und freudig rufen: ‚Da, da ist es!‘ Das ist meine Sicht vom Sterben.“ Frei nach Bischof Brent.
Vielen vielen Dank für deine Worte. Und weißt du was, ich hätte beinahe ein Foto mit einem Papierschiffchen auf dem Meer gewählt. Aber das war mir zu sehr ich für diesen Text 🙂
Weißt du, ich habe den Tod immer genauso gesehen wie du. Dass er zum Leben gehört, uns ummantelt und allem einen Sinn gibt. Seit ich ihn nun aber zum ersten Mal selbst erlebt habe, ist noch eine weitere Komponente dazu gekommen: Dass eine Geschichte zu Ende geht, für deren Ende man noch nicht bereit war und dass man die Toten wahnsinnig vermisst.
Dass meine Oma mit 92 nach jahrelanger Pflege gestorben ist, das ist für mich ok, denn irgendwann ist es eben zu Ende. Irgendwann ist das Leben gelebt und das war ein sehr ereignisreiches und gutes. Und mein Omalein hatte es verdient, endlich sterben zu dürfen. Aber bei meiner Schwiegermutter, die ziemlich plötzlich aus dem Leben gerissen wurde und von der sich niemand verabschieden konnte, ist das nicht mehr so einfach. Mein Mann hat plötzlich keine Mutter mehr, obwohl sie am Tag vorher noch wie immer in ihrer Küche stand. Und als acht Wochen später auch noch sein Vater starb, war es für uns alle ein bisschen zu viel – auch wenn dessen Tod schon wieder viel absehbarer war. Aber beide Eltern innerhalb so kurzer Zeit zu verlieren, das ist schon eine harte Nummer. Denn es bleiben ja die Eltern. Und gleichzeitig unserer Tochter zu erklären, dass es ganz normal ist, dass Menschen sterben, aber normalerweise nicht so viele auf einmal sterben, ganz schön schwierig. Die Verhältnismäßigkeit stellt sich so langsam (hoffentlich) wieder ein, da ich ihr recht glaubhaft versichern konnte, dass Mama und Papa ganz wahrscheinlich nicht so bald sterben.
Ach und weißt du, manchmal macht der Tod auch nicht wirklich einen Sinn. Wenn Kinder sterben oder junge Erwachsene oder eben junge Eltern. Aber daran will ich lieber nicht denken.
Zu trauern und gleichzeitig vermitteln, dass das ok und normal ist und nichts, vor dem man Angst haben muss, das finde ich ganz schön schwer. Auch wenn wir es irgendwie bestimmt ganz gut machen und die kleine Maus viel reifer ist als wir manchmal denken.
Ach und du hast so Recht, dass die Kinder uns Erwachsene oft mehr begleiten als anders rum. Wir sind so unglaublich dankbar über diese beiden Geschöpfe, deren Welt sich einfach weiter dreht und die genau wie sonst auch immer Hunger haben, schlafen müssen, fröhlich oder meckerig sind und dem Ganzen ganz viel Schwere genommen haben. Und die für so viel Freude sorgen, zum Beispiel weil Mini-Man just am Tag der Beerdigung seiner Oma zu laufen begann und fröhlich durch die Trauerfeier stapfte. >3
Vielleicht hat deine Oma ihm ihr letztens bisschen Kraft gegeben… ❤️
Du hast recht, Kinder halten uns „hier“. Geben unserer Trauer einen Rahmen.
Und was das Sterben von jüngeren Menschen/ Kindern angeht hast du ebenso recht, das hat eine andere Dimension. Und doch… Macht es mich ganz oft sprachlos zu erleben, wie schwerstkranke Kinder mit dem Sterben umgehen. Denn leider erleben wir so etwas gerade „indirekt“, da der Sohn von Freunden betroffen ist.
Kennst du das Buch „Warum gerade Du?“ von Barbara Pachl-Eberhardt?
Das Buch kenne ich nicht, habe mich aber eben ganz kurz durch den Klappentext gelesen und wow. Ich glaube, dafür bin ich momentan nicht stark genug, ich heule ja schon bei kitschiger Pampers-Werbung (wobei, die schaue ich eigentlich gar nicht. Aber du weißt schon was ich meine…).
Ich glaube auch, dass die Sterbenden viel besser mit dem Tod umgehen können als die, die bleiben. Denn für sie ist es oft eine Erlösung oder verschont sie vor Leid. Das denke ich auch bei meiner Schwiegermutter, denn wer weiß, was sonst noch auf sie zugekommen wäre. Aber die, die zurückbleiben müssen ohne sie weiterleben und das ist viel schwieriger.
Mit dem Sohn eurer Freunde tut es mir sehr leid. Ich wünsche der Familie und euch ganz viel Kraft und hoffe, der kleine tapfere Mann schafft es, seinen Eltern ganz viel von seiner Tapferkeit abzugeben!
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Hallo,
wunderbar geschrieben. Ich kann dir leider nicht sagen, wie man Kindern den Tod erklärt. Aber ich wünsche euch ganz viel Kraft für die zeit der Trauer.
Seid lieb gegrüßt, Heike
Danke, das ist ganz lieb!!